12 Leitfaden Kurzdarmsyndrom THERAPIE Der Therapiebedarf ändert sich im Rahmen der natürlichen Adaptionsprozesse postoperativ und muss somit im Laufe der Krankheitsphasen regelmäßig angepasst werden. Die Therapieziele beinhalten klinische Parameter wie normales Körpergewicht, Harnmenge (> 1.000 ml/24 h), die Vermeidung von Hunger- und Durstgefühl sowie die Behandlung und Vermeidung von Mangelzuständen (Makro- und Mikronährstoffe) und Komplikationen. In der hypersekretorischen Phase steht das Management der meist großen Flüssigkeits- und Elektrolytverluste im Vordergrund. Oft sind erhebliche Mengen an parenteraler Flüssigkeit notwendig (4–8 l/d!). Protonenpumpen-Hemmer oder H2-Antagonisten helfen, gastrale Hypersekretion zu reduzieren. Diese sollten im Krankheitsverlauf wieder reduziert und abgesetzt werden (so keine andere Indikation vorhanden), da ein langfristiges Fehlen der Magensäure negative Effekte auf die Verdauung und das Mikrobiom (höheres Risiko eines bakteriellen Überwuchses) haben kann (22). Bei einem High-Output-Stoma (> 2 l/d), insbesondere kurzfristig nach Resektionen, sollen die orale Flüssigkeitszufuhr und Ernährung auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Weiters kann eine Therapie mit Octreotid oder Somatostatin in dieser Phase die Flüssigkeitsverluste dezimieren. Diese Therapie sollte engmaschig kontrolliert und nur kurzfristig gegeben werden, da es die langfristige Darmadaption negativ beeinflussen kann (22). Andere medikamentöse Therapien beinhalten motilitätshemmende Medikamente wie Loperamid, das in höheren Dosen als üblich gegeben werden kann (bis zu 32 mg/d) (22, 23). Loperamid sollte einer Therapie mit Opiaten wie Tinctura Opii oder Codein vorgezogen werden, da es weder sedativ ist noch abhängig macht. Der Effektivität von Racecadotril bei KDS ist derzeit noch nicht untersucht worden, ein Therapieversuch bei Versagen anderer Therapien ist eine Option. Bei erhaltenem Colon kann Colestyramin zur Reduktion der Gallensäurenverlust-assoziierten Durchfälle versucht werden, jedoch kann dies auch zu vermehrter Steatorrhoe führen. Umgekehrt kann eine Gallensäure-Ersatztherapie (z. B. mit Cholyl-Sarkosin) die Fettabsorption verbessern (31), jedoch ist die Verfügbarkeit in Österreich leider sehr eingeschränkt. Auch eine Kombination oben genannter anti-sekretorischer bzw. motilitätshemmender Medikamente kann individuell gegeben werden. Auf jeden Fall sollte bei all diesen Therapien die klinische Wirksamkeit überprüft werden und, falls nicht wirksam, die Therapie wieder abgesetzt werden. Die Gabe von Pankreasenzymen zu jeder Mahlzeit soll die Fettverdauung optimieren (auch bei normaler Pankreasfunktion) und kann allen Patient:innen empfohlen werden. PRAXISTIPP Einnahme von Loperamid ca. 30 Minuten vor einer Mahlzeit optimalerweise in einer Galenik welche rasch aufgenommen wird (z. B. Schmelztabletten) PRAXISTIPP Da auch die Aufnahme von Medikamenten gestört sein kann, sollte jede Art von Medikament möglichst in nicht-retardierter Formulierung (so verfügbar) und in Tropfenform oder mittels Schmelztabletten gegeben werden, um eine vollständige Aufnahme zu garantieren. So verfügbar, sollten Medikamentenspiegel gemessen werden.
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