Leitfaden Kurzdarmsyndrom 15 ERNÄHRUNG Jede:r Patient:in mit chronischem Darmversagen sollte von einem/einer spezialisierten Diätolog:in mitbetreut werden. Diese:r stellt nicht nur eine etwaige parenterale Ernährung ein, sondern optimiert auch die orale Ernährung, die einen großen Effekt auf den Krankheitsverlauf haben kann. Diese Begleitung sollte lebenslang erfolgen. Ziel der Ernährungstherapie ist ein normaler Ernährungszustand ohne Mangelerscheinungen. Auch ein erhöhter Bedarf wie in Stresssituationen, bei Sportaktivitäten oder Schwangerschaft soll abgedeckt werden können (35). Im Vordergrund sollte die orale/enterale Ernährung stehen. Wenn der Bedarf auf diese Art nicht gedeckt werden kann, wird eine parenterale Unterstützung notwendig. Mikronährstoffmängel werden ebenso in erster Linie versucht oral auszugleichen, nicht immer sind Medikamente verfügbar, teilweise muss auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgegriffen werden. PRAXISTIPP Vitamine und Spurenelemente müssen oft in weitaus höherer Dosis als üblich zugeführt werden, um normale Werte zu erreichen (siehe Tabelle 3). In der Hypersekretionsphase ist in der Regel eine parenterale Gabe von Flüssigkeit, Makro- und Mikronährstoffen notwendig. In dieser Phase sollte die orale Flüssigkeitsmenge limitiert werden, um die Stuhlmenge zu reduzieren. Nach initialer postoperativer Stabilisierung sollte ein früher enteraler Nahrungsaufbau (oral oder mittels Duodenal-/Jejunalsonde) begonnen werden. In weiterer Folge kann die parenterale Unterstützung reduziert und die enterale Aufnahme gesteigert werden. Das Ausschleichen der parenteralen Unterstützung beginnt mit einer verminderten Kalorienmenge bei gleichbleibender Flüssigkeitsgabe, und erst in weiterer Folge erfolgt die Reduktion der Flüssigkeitsmenge und der Mikronährstoffe. Auch eine alleinige Gabe von Flüssigkeit und Mikronährstoffen kann langfristig erforderlich sein. Die intravenöse Ernährung sollte möglichst glukosereduziert erfolgen, da die Glucose von allen Makronährstoffen enteral am einfachsten resorbiert wird. Ein Blutzucker von 180 mg/dl (Nierenschwelle) sollte nicht überschritten werden. Im Gegenteil zur physiologischen oralen Ernährung ist die parenterale Ernährung nicht bolusweise, sondern kontinuierlich und enthält ausschließlich Glucose als Kohlenhydratquelle. Diese Faktoren zusammen mit bestehendem Diabetes mellitus oder einer Insulinresistenz können zu einer nicht kontrollierten diabetischen Stoffwechsellage führen – trotz maximaler Reduktion der Glucosemenge in den Ernährungsbeuteln und zuckersenkender Medikamente inklusive injiziertem Insulin. In diesem Fall kann dem Ernährungsbeutel kurzwirksames Insulin hinzugefügt werden (23). Die Menge richtet sich nach dem individuellen Insulinbedarf sowie der Menge an Glucose. PRAXISTIPP Bei anhaltender Hyperglykämie trotz Optimierung der Medikamente und Ernährung kann dem Ernährungsbeutel kurzwirksames Insulin zugefügt werden. Beginnend mit: diabetische Stoffwechsellage – 1 IE pro 10 g Glucose, normale Stoffwechsellage – 1 IE pro 20 g Glucose. Weitere Titration je nach Bedarf. Eine kontinuierliche Blutzuckermessung mittels Sensor wird ausdrücklich empfohlen.
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