Familie Köppl,
Tobias (13) mit Kurzdarmsyndrom
Foto: Privat

Vermeintlich harmlose Bauchschmerzen und die späte Diagnose – Darmdrehung – hätten dem kleinen Tobias fast das Leben gekostet. Was bleibt ist das bislang unheilbare Kurzdarmsyndrom. 

Anna Birkenmeier, www.seltenekrankheit.info

Schon mehrfach hing das Leben des heute 12-jährigen Tobias am seidenen Faden. Notoperationen und eine Reanimation retteten ihn. „Unser Junge ist ein Kämpfer, sonst wäre er heute nicht mehr hier“, sagen seine Eltern.

Hinter der Familie liegen schwierige Jahre, geprägt von der Angst um ihr Kind, Machtlosigkeit gegenüber einer Krankheit und dem sorgenvollen Blick in die Zukunft. Ein gesundes, fröhliches Kleinkind sei Tobias gewesen, erzählen seine Eltern. Mit knapp drei Jahren wird der Bub jedoch von starken Bauchschmerzen und Erbrechen geplagt.

Die Diagnose des Kinderarztes lautet damals: harmloser Magendarminfekt. „Tobias ging es immer schlechter, ich spürte, dass da mehr ist“, erinnert sich seine Mama. Als endlich weitere Untersuchungen eingeleitet werden, ist es schon fast zu spät. Tobias hat einen Volvulus (Darmdrehung), er schwebt in akuter Lebensgefahr und muss umgehend notoperiert werden.

Dabei wird ihm ein großer Teil seines Dünndarms und etwa die Hälfte des Dickdarms entfernt, was nun das sogenannte Kurzdarmsyndrom zur Folge hat.

„Plötzlich hatten wir ein schwer krankes Kind, das ein Leben lang auf medizinische Hilfe angewiesen sein würde. Das zu verkraften ist hart“, sagen Tobias Eltern.

Beim Kurzdarmsyndrom können Nährstoffe nicht verwertet werden, weshalb Tobias eine parenterale Ernährung mittels Katheter erhält. Jede Nacht wird er dafür insgesamt 14 Stunden an eine Infusion mit parenteraler Ernährung und Flüssigkeit gehängt; zusätzlich wird ihm ein Hormon gespritzt, das die Darmzotten des Dünndarms zum Wachstum anregen soll.

Ein normaler Alltag ist für die vierköpfige Familie – Tobias hat noch einen älteren Bruder – undenkbar: „Tobias Gesundheitszustand kann sich von einer Minute auf die andere verschlechtern, weshalb wir in ständiger Alarmbereitschaft sind.“

Und Tobias? Der ist trotz all seinen Einschränkungen ein fröhlicher, positiver Junge geblieben, der am liebsten Computerspiele spielt. 


Priv.-Doz. Dr. Stefanie Dabsch

Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie,
Klinik für Innere Medizin 3,
Medizinische Universität Wien

© Foto: LohaforLife.at / Valerice Eccli

Frau Dr. Stefanie Dabsch, welche Ursachen hat das Kurzdarmsyndrom?

Dabsch: Ein Kurzdarmsyndrom tritt dann auf, wenn aufgrund von verschiedenen Ursachen, wie etwa Durchblutungsstörungen oder Morbus Crohn, der Großteil des Dünndarms operativ entfernt werden muss oder wenn der vorhandene Dünndarm nicht funktioniert und dadurch die notwendige Nährstoff- oder Flüssigkeitsaufnahme nicht mehr gewährleistet ist.

Welche Symptome zeigen sich bei der Erkrankung?

Dabsch: Charakteristisch sind massive Durchfälle, Gewichtsverlust, Mangelerscheinungen und Durstgefühl aufgrund von Flüssigkeitsverlust, sowie Bauchschmerzen und Blähungen. Aufgrund des Gewichtsverlustes und des Mangels an diversen Mikronährstoffen kommt es zu allgemeiner Schwäche und in weiterer Folge reduziertem Allgemeinzustand.

Was bedeutet die Diagnose für die Betroffenen?

Dabsch: Wie die Geschichte von Tobias zeigt, hat die Krankheit einen großen Einfluss auf das Leben der Patient:innen und deren Angehörige. Sie kann zu einer massiven psychischen Belastung werden, weswegen eine psychologische Begleitung hilfreich sein kann.

Bislang ist das Kurzdarmsyndrom nicht heilbar. Welche Behandlungsoptionen gibt es?

Dabsch: Die Behandlung ist je nach Schweregrad der Erkrankung unterschiedlich, hat jedoch immer zum Ziel, die Aufnahmefähigkeit des Restdarms zu maximieren. Das kann etwa mit einer optimierten Ernährung oder durch eine Hormonbehandlung erreicht werden. Die Höhe der Darmzotten und die Tiefe der Darmkrypten kann durch die Hormontherapie zunehmen und dadurch die Aufnahme der Nährstoffe verbessern. Ist das nicht der Fall, ist oftmals dauerhaft eine künstliche Ernährung erforderlich.